Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 22.09.2020 - 3 AZR 303/18 die Rechtmäßigkeit von doppelten Treuhandverhältnissen zur Sicherung von Anwartschaften der betrieblichen Altersversorgung (erneut) bestätigt. Im konkreten Fall ging es in höchster Instanz erstmals um eine so genannte doppelstöckige Treuhand. In der Urteilsbegründung wird außerdem die Exzedenten-Sicherung von nicht  gesetzlich insolvenzgeschützen Anwartschaften bekräftigt.

Doppelte Treuhand zur Insolvenzsicherung der bAV ist rechtmäßig - BAG bestätigt auch “Exzedenten-Sicherung”

Die doppelte Treuhand

Doppelte Treuhandverhältnisse, oftmals auch als Contractual Trust Arrangements (CTA) bezeichnet, sind verbreitete und anerkannte Modelle zur Insolvenzsicherung und  Liquiditätsvorsorge zur Sicherung von Ansprüchen auf betriebliche Altersversorgung (bAV). Insbesondere in Verbindung mit einer Direktzusage sind sie ein beliebtes Finanzierungsinstrument. Die mit einem CTA reservierten Mittel qualifizieren sich in der Regel als saldierungsfähiges Vermögen nach Handelsgesetzbuch bzw. plan-assets im Sinne der internationalen Rechnungslegung, sodass der oftmals ungeliebte Bilanzausweis der Rückstellung für Altersversorgungsverpflichtungen (in Teilen) entfallen kann.

 

Doppelseitige und doppelstöckige Treuhand

Dafür begründen diese Treuhandverhältnisse eine Verwaltungstreuhand und eine Sicherungstreuhand, zumeist als so genannte doppelseitige Treuhand, seltener als doppelstöckige Treuhand (auch: „2-Vereine-Modell“). Gemein ist ihnen, dass die treuhänderischen Mittel für den Treugeber (das Unternehmen mit zu sichernden bAV-Verpflichtungen) verwaltet und, im Falle der Insolvenz ebendieses Unternehmen, für seine anspruchsberechtigten Beschäftigten gesichert (Sicherungstreuhand) werden. Die doppelseitige Treuhand nimmt diese Aufgaben in einem Treuhänder (z.B. eine GmbH oder ein e.V.) wahr, bei der doppelstöckigen Treuhand überträgt der Verwaltungstreuhänder (der „erste“ Treuhänder) das Sicherungsvermögen einem gesonderten Sicherungstreuhänder weiter. In der Praxis ist diese Unterscheidung auf Grund mittlerweile zerstreuter bilanzieller Bedenken hinsichtlich der Qualifikation als Planvermögen nicht mehr von Bedeutung.

 

Doppelstöckige Treuhand beim Bundesarbeitsgericht

Mit einem solchen Konstrukt hat sich vergangenes Jahr das Bundesarbeitsgericht beschäftigt und erstmals bestätigt, dass auch doppelstöckige Treuhänder zur Sicherung von Ansprüchen der bAV rechtmäßig sind (Urteil vom 22.09.2020 – 3 AZR 303/18). Implizit bestätigt dies auch (erneut) die Rechtmäßigkeit der doppelseitigen Treuhand.

Im konkreten Fall verlangte der gesetzliche Träger der Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung, der Pensions-Sicherungs-Verein (PSV), von einer in die Insolvenz gegangenen Arbeitgeberin, die Auszahlung der Treuhandgelder an die Berechtigten zu unterlassen, damit er das Sicherungsvermögen zur Erfüllung der Ansprüche auf Grund seiner Einstandspflicht in Folge der Insolvenz an sich nehmen könne. Dem PSV ging es dabei insbesondere um den Teil des Sicherungsvermögens, der zur Erfüllung der von der Arbeitgeberin kalkulierten Rentenanpassung von 1,75 % p.a. beiseite gelegt wurde. Zu Unrecht, befand das BAG. Die Arbeitgeberin hat den Treuhänder zwar in der Höhe der künftig zu erwartenden Rentenanpassung dotiert, hat diese Dynamik in der Versorgung aber nicht zugesagt. Zwar könne sie nach der Insolvenz nicht mehr zu einer Anpassung verpflichtet werden, der Teil des Sicherungsvermögens, der auf diese gesicherte Dynamik entfällt, begründe aber einen gesetzlich nicht insolvenzgeschützten Anspruch. Und diese gesetzlich nicht-insolvenzgeschützten Ansprüche sind es, die im vorliegenden Treuhandvertrag zwischen Arbeitgeberin und Treuhänder vorrangig gesichert werden.

 

Exzedenten-Sicherung ebenfalls rechtmäßig

Dies veranlasste das BAG auch erstmal höchstrichterlich u.a. die Exzedenten-Sicherung grundsätzlich zu bestätigen. In der Praxis wird eine solche Sicherung häufig verwendet, um Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung zu sichern, die die Sicherungshöchstgrenzen des PSV überschreiten. Treuhänder sichern dann bevorzugt den Teil der Anwartschaft einer bAV, die nicht dem gesetzlichen Insolvenzschutz des PSV unterfallen, also z.B. den Teil von monatliche Betriebsrenten die den Wert von derzeit (2021) 9.870 € überschreiten. In Randziffer 116 des Urteils vom 22.09.2020 – 3 AZR 303/18 heißt es dazu: 

„Folglich bestehen auch keine Bedenken, diese vertragliche Insolvenzsicherung als ergänzende Sicherung so auszugestalten, wie es das Insolvenz- und das Bilanzrecht erlauben. Dies könnte sogar im Extremfall dazu führen, dass allein vorrangig zu sichernde Ansprüche der Arbeitnehmer, die nicht insolvenzgeschützt sind, dennoch aber noch als betriebliche Altersversorgung anzusehen sind, vom Treuhänder bedient werden, so dass keine oder nur geringe Mittel auf den Kläger übergehen können“

 

Fazit

Das Ergebnis des BAG, aus der treuhänderischen Liquiditätsvorsorge einer insolventen Arbeitgeberin für erwartete Rentenpassungen einen Anspruch auf ebendiese Rentensteigerung abzuleiten, mag überraschend sein. Für die Praxis sind jedoch die Implikationen des Urteils, nämlich die Bestätigung der doppelstöckigen Treuhand als geeignetes Sicherungsvehikel für Anwartschaften und Ansprüche der betrieblichen Altersvorsorge und insbesondere die höchstrichterliche Verschriftlichung der so genannten Exzedenten-Sicherung entscheidend. Treuhandkonstruktionen, die Liquiditätsvorsorge für Leistungen der bAV betreiben, die ihrer Höhe nach die Sicherungsgrenzen des PSV überschreiten, sind nun auch von der Rechtsprechung explizit gedeckt. Sie obliegen der Vertragsfreiheit und der PSV hat keinen Anspruch diese Mittel im Sicherungsfall an sich zu ziehen.

 

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